Alle Menschen haben – in individuell unterschiedlicher Ausprägung – bestimmte Grundbedürfnisse. Wie können wir weise mit ihnen umgehen und auch dann glücklich leben, wenn unsere Erwartungen hinsichtlich dieser Bedürfnisse nicht immer voll erfüllt werden?
Schüler: „Warum reagierst du – im Gegensatz
zu mir – in allen Situationen so gelassen?“
Meister: „Weil du dich in der Welt siehst,
aber ich sehe die Welt in mir!“
Seit Menschengedenken wird darüber gerätselt, philosophiert und gestritten, warum wir alle die gleiche Welt wahrnehmen und doch so unterschiedlich darauf reagieren.
Landkarte und Landschaft
Bevor ich mich dieser komplexen Thematik widme, ist es wichtig, zu verstehen, dass Konzepte jeglicher Art in Wissenschaft, Philosophie, Religion und im Alltag nicht mit der eigentlichen Realität zu verwechseln sind. Eine Landkarte (man nennt das heutzutage Google-Maps) dient nur zur Orientierung, ist aber nicht die Landschaft. Wenn wir uns darüber streiten, wer die richtige oder wertvollere Karte hat, dann übersehen wir die unbeschreibliche und faszinierende Schönheit in uns und um uns herum.
Die „Big 5“ des Charakters
Der Charakter bedingt sich durch unser genetisch vererbtes Temperament und durch unsere Gewohnheiten, die uns anerzogen wurden und die wir selbst durch unsere Beziehung zu den Mitmenschen und zur Umwelt erlernt haben. Eigentlich genügen fünf Hauptmerkmale und deren Gegenpole, um die wichtigsten Eigenschaften eines jeden einzigartigen Individuums zu beschreiben:
Offenheit und Gewohnheitsliebe
Gewissenhaftigkeit und Sorglosigkeit
Extraversion und Introversion
Verträglichkeit und Skepsis
Zufriedenheit und Neurotizismus.1
Drei wesentliche Dimensionen
Der amerikanische Genforscher Robert C. Cloninger unterscheidet drei Dimensionen des Charakters: Selbstbestimmung, Bereitschaft zu Hilfe und Zusammenarbeit sowie Selbst-Transzendenz.2 Das Zusammenwirken dieser drei Qualitäten macht ein zufriedenes Leben aus – sowohl auf weltlicher als auch auf spiritueller Ebene.
Daher sollten wir nicht nur im Alltag, sondern auch beim Yoga darauf achten,
1
dass wir nicht zu sehr von Menschen und bestimmten Tätigkeiten und Erfahrungen abhängig sind.
2
dass wir egoistische Einstellungen und Handlungen infrage stellen – seien es die eigenen oder die von anderen.
3
dass weltliche und persönliche Werte nicht das einzige und höchste Gut auf Erden und im Leben sind.
Grundbedürfnisse bedingen Gefühle
Für die meisten Menschen sind zehn Grundbedürfnisse – wenn sie mehr oder weniger erfüllt sind – ausschlaggebend dafür, Freude zu erfahren und ein durchweg zufriedenes Leben […]