In unserem aktuellen Heft (Nr. 90) hat die niederländische Yogalehrerin Anneke Sips von ihren Erfahrungen in Ruanda erzählt. Da wir das Interview mit ihr so inspirierend fanden, wollten wir es euch nicht vorenthalten und veröffentlichen es hier in voller Länge.
Anneke, wie bist du auf die Idee gekommen für Project Air nach Ruanda zu gehen? Was war deine Motivation?
Mit 18 Jahren habe ich zum Yoga gefunden – und gleichzeitig damit begonnen im psychiatrischen Bereich zu arbeiten. Als ich bemerkt habe, wie gut mir Yoga dabei hilft, mich zu fokussieren und mit Stress umzugehen, dachte ich mir, dass es bestimmt auch den Menschen gut tun könnte, mit denen ich arbeite. Mein damaliger Arbeitgeber lehnte das leider ab. Aber die Idee hat mich weiterhin beschäftigt. Zu dieser Zeit bin ich auch viel gereist und hatte – nach einigen Reisen nach Amerika und Asien – den Wunsch Afrika kennenzulernen. Als ich bei meiner Internetrecherche von Project Air erfahren habe, wusste ich, dass das meine Gelegenheit ist, meine Erfahrungen als Yogalehrerin und mein Wissen über psychische Erkrankungen zusammenzubringen.
Wie lange hat es dann von der Idee bis zur Umsetzung gedauert?
Circa 3 Monate. Eigentlich war es nicht gerade der optimale Zeitpunkt: Ich hatte einen festen Job und eine noch frische Beziehung. Aber ich musste es einfach machen. Also habe ich mit meinem Chef geredet, der mir dann unbezahlten Urlaub gegeben hat, und fing an zu sparen. Nach ein paar Wochen ging es dann los.
Wen hast du in Ruanda unterrichtet?
Die Frauen waren alle HIV positiv und schwer traumatisiert. Viele haben Furchtbares erlebt während der Zeit des Völkermords im Jahr 1994. Project Air arbeitet ja vor Ort mit der NGO WE-ACTx zusammen. Manchmal haben wir mit einer Gruppe zuerst Yoga geübt und im Anschluss daran wurde ein therapeutisches Gespräch angeboten. Es gab auch Gruppen mit verschiedenen Schwerpunkten wie z.B. häusliche Gewalt oder eine Gruppe für Waisen.
Waren alle aufgeschlossen für Yoga oder mussten die Frauen erst überzeugt werden?
Ich habe sie als sehr aufgeschlossen wahrgenommen. Besonders schön war, dass diese Frauen keine Vorstellungen von Yoga hatten. Sie hatten keine Yogazeitschriften oder Hochglanzmagazine gelesen, und daher gab es keine Erwartungen, wie Asanas aussehen oder sich anfühlen sollten. Sie haben sich einfach darauf eingelassen […]