Nicht immer fühlen wir nach der Yogapraxis in uns Liebe und Frieden. Manchmal kommen mit dem Lösen von Verspannungen auch verdrängte oder schwierige Gefühle ans Licht. Wie können wir mit diesen heilsam umgehen?
Im Yoga möchten wir das innere Zeugenbewusstsein stärken, mit dem wir gleichmütig uns selbst und die Welt wahrnehmen. Was bedeutet diese Haltung für den Umgang mit Gefühlen wie Freude, Glück, Trauer, Ohnmacht oder Wut? Heißt das, dass wir unsere Gefühle kontrollieren oder gar zu einem „neutralen“ Wesen werden sollten? Ist fühlen yogisch?
Viele kennen das: Wir sind in der ersehnten Endentspannung in der Yogastunde angekommen und statt friedliche Stille zu erleben, kreisen unsere Gedanken und Gefühle wie wild in unserem Kopf und Bauch. „Die Yogalehrerein sagte doch, wir sollen Gefühle der Liebe und des Friedens entwickeln. Aber bei mir kommen gerade ganz andere Gefühle hoch… Ich glaube, Yoga ist doch nichts für mich!“
Worum geht es wirklich?
Nach Patanjali geht es im Yoga darum, die inneren Wellenbewegungen des Geistes – also Gedanken und Gefühle – zur Ruhe kommen zu lassen, damit die wahre Natur in uns zum Vorschein kommen kann. Die Körper- und Atemübungen dienen dazu, Blockaden und Anspannungen im Körper zu lösen. Außerdem beruhigen und harmonisieren sie eine hohe innere Aktivierung, die wir als Nervosität erleben.
Blockaden, Anspannungen und Nervosität im Körper haben ihre Ursachen im Geist. Dabei spielen verdrängte Gefühle und Glaubenssätze, die wir durch unsere frühen Prägungen gelernt haben, eine große Rolle. Wenn wir ein unangenehmes Gefühl wie Traurigkeit oder Schmerz wahrnehmen und es nicht spüren wollen, dann spannen wir meist unbewusst unseren Brustraum, manchmal auch den Bauchraum oder den Nacken an. Wir versuchen das Gefühl im wahrsten Sinne des Wortes „in den Griff zu bekommen“ und zu kontrollieren. Das Ergebnis ist, dass wir zwar einerseits das unangenehme Gefühl nicht mehr spüren, andererseits dadurch unser Körper angespannt und nervös wird. Wenn wir z.B. den Glaubenssatz in uns tragen „Nur wenn ich viel leiste und mich sehr anstrenge, bin ich etwas wert“, dann strengen wir uns im Leben und auch in der Yogapraxis sehr an, um „gut“ zu sein. Wenn die Leistungsorientierung also zu einem grundsätzlichen Lebensmotto geworden ist, dann kann sich das oft als chronische Nacken-, Schulter- und Rückenverspannung auswirken – manchmal bis hin […]