Von echtem Pils und fliegenden Hexen: über sehr gefährliche Zauberpflanzen, die mit
den eigenen Schattenseiten konfrontieren.
Bei unseren Vorfahren hatten die Nachtschattengewächse einen hohen kulturellen Stellenwert. Im kelto-germanischen Sprachraum waren Magie und Rausch ein wichtiger Teil der Spiritualität. Die Verbindung mit Kristallen, Göttern, Pflanzen und Tieren und das Feiern im Wald, dem „heiligen Hain“, waren die Grundlage des Heidentums. „Mutter Erde“ und die aus ihrem Leib hervorsprießende Pflanzenwelt wurden zutiefst verehrt. Ihre Dämonisierung, vor allem die der Rauschpflanzen, war daher ein wichtiges Instrument der Christianisierung. Daraus resultieren eindeutige Namen z.B. für Atropa bella-donna: Teufelsbeere, Teufelskirsche, Höllenkraut, Satansbeere etc.
Unter den Rauschpflanzen gehören jene der Nachtschattengewächsfamilie zu den gefährlichsten. Unter ihnen befinden sich viele echte Halluzinogene. Sie sind in ihrer Wirkung sehr unberechenbar und können bei Überdosierungen zum Tode führen.
Echte Halluzinationen unterscheiden sich gravierend von psychedelischen Erfahrungen. Die Einnahme dieser Pflanzen kann zu einem teilweisen oder völligen Realitätsverlust mit allen Konsequenzen führen. Das bedeutet, keine Ahnung mehr zu haben, wer man ist, wo man sich befindet und wer mit einem das Ritual teilt. Wir raten deshalb niemandem, sich diesen Substanzen ohne einen erfahrenen Reiseführer zu nähern. Da es in unseren Breiten solche qualifizierten Fachkräfte (Hexen, Zauberer, Alchimisten) aufgrund eines beinahe 300-jährigen Ethnozids durch die Inquisition nicht mehr gibt, ist unser Rat: Finger weg!
Natürlich könnte man argumentieren, dass all diese Pflanzen in Europa noch legal sind. Wir vermuten dahinter das Kalkül der Kirche und unseres Gesetzgebers, dass jeder, der unvorbereitet in diese Welten vordringt, keinen zweiten Versuch unternimmt. Entweder wegen der eventuell tödlichen Giftwirkung oder wegen der heftigen, unkontrollierbaren und oft abgründigen Halluzinationen.
In dem Namen Nachtschatten liegt für uns der Schlüssel zum tieferen Verständnis ihrer Wirkung. Diese Zauberpflanzen konfrontieren unweigerlich mit den eigenen Schattenseiten. Es handelt sich oft um abgespaltene Persönlichkeitsanteile, denen wir meist lieber aus dem Weg gehen. Durch das Absteigen in die Dunkelheit der Unterwelt erscheinen Angst, Trauer, Verzweiflung, Schmerz und verborgene sexuelle Phantasien in ungewöhnlicher Intensität.
Diese Zauberpflanzen konfrontieren unweigerlich mit den eigenen Schattenseiten.
Hexentanz auf dem Blocksberg
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