„Dieser Weg wird kein leichter sein“ – Der spirituelle Weg führt in seiner Intensität und Kompromisslosigkeit manchmal durch Krisen. Welche Arten von spirituellen Krisen es gibt und wie man damit umgehen kann, erklärt dieser Beitrag.
Yoga ist ein spiritueller Weg. Auf jedem spirituellen Weg können Krisen entstehen.
Im Yoga-Sutra von Patanjali heißt es: „yoga chitta vrtti nirodhah, tada drashtuh svarupe vasthanam.“ Im Yoga geht es darum, die Wellen des Geistes zu beruhigen, damit die wahre Natur, also unser wahres Wesen zum Vorschein kommen kann. Das hört sich erst einmal einfach an: Wenn ich meinen Geist beruhige, dann erfahre ich mein wahres Wesen.
Manchmal bekommen wir am Ende einer Yogastunde während der Tiefenentspannung eine leise Ahnung von unserem wahren Wesen: Dann erfahren wir Frieden, Verbundenheit, Stille, Klarheit, Mitgefühl oder Liebe. Wenn wir Yoga oder einen anderen spirituellen Weg allerdings intensiver praktizieren, so beschert uns das nicht nur einige angenehme Momente, sondern dann erwartet uns ein tiefer Transformationsprozess, der alle Bereiche unseres Seins betrifft. Und dieser Weg kann durchaus herausfordernd und abenteuerlich sein. Es geht um nichts Geringeres als darum, unsere herkömmliche Persönlichkeit und Identität aufzulösen, so dass die wahre Natur in uns zum Vorschein kommen kann.
Traditionell ist der Yogaweg ein langer, intensiver spiritueller Entwicklungsweg, verbunden mit einem engen Schüler-Lehrer-Verhältnis. Heutzutage ist Yoga im Westen (und zunehmend auch in Indien selbst) allerdings eher zwischen Wellness, Entspannung und Sport angesiedelt. Verfolge ich den Yogaweg aber intensiver, nämlich als einen tiefen spirituellen Entwicklungsprozess, können dabei Krisen entstehen, spirituelle Krisen.
Auflösung der Persönlichkeitsstruktur als Weg zur Freilegung des wahren Wesens
Auf dem spirituellen Weg geht es um die Auflösung unserer konditionierten, durch Prägung entstandenen Persönlichkeitsstruktur, so dass die darunter verborgene wahre Natur zum Vorschein kommen kann. Das heißt, unser gesamtes inneres Gebäude, also unsere Identität und unsere gelernten Abwehr- und Vermeidungsstrategien können (und müssen!) ins Wanken geraten. Das kann tiefe Unsicherheit und Ängste auslösen.
Die wahre Natur (im Sanskrit: Purusha, Svarupa, Shiva, Brahman) ist das Bewusstsein, das alles Lebendige durchdringt, das Leben hervorbringt und das sich in bestimmten spirituellen Erfahrungsqualitäten, wie Liebe, Frieden, Ruhe oder Verbundenheit, ausdrückt. Auf jedem authentischen spirituellen Weg geht es darum, mit dieser Kraft in Verbindung zu kommen.
Die wahre Natur ist in jedem von uns vorhanden. Nur ist sie meistens verdeckt von unserem unruhigen Geist mit seinen Emotionen und Gedanken, der ein Ausdruck unserer Persönlichkeitsstruktur ist, so dass wir diese eigentliche Natur nicht bewusst wahrnehmen. Wenn sich […]