Die verbindende Kraft des Denkens: wie uns ein neuer Zugang zu übersinnlicher Wahrnehmung ein uraltes Daseinsgefühl näherbringen kann und universale Weltgedanken in unser Bewusstsein holt
„Rshis“ nennt die indische Kultur die sieben weisen Sehergestalten, welche der Sage nach das vedische Wissen empfangen haben sollen. Das Wort „rshi“ leitet sich möglicherweise von der Wurzel „drsh“ ab, die „sehen“ bedeutet. Sieben große „Schauende“ bilden somit den Urbeginn dieser alten Menschheitskultur, welche später die spirituellen Werke der Upanishaden, die Bhagavad-Gita und die vielzähligen Wege des Yoga hervorbringen sollte. Wie ein Nachhall dieser einstmals geschauten Urweisheit klingt uns heute noch die rhythmische Intonation vedischer Gesänge in indischen Tempeln entgegen. Ein in großartige Bilder gekleidetes Wissen (=Veda), eine Urweisheit lebt in diesen Gesängen. Auch wenn die Bildersprache der Veden sich dem gewöhnlichen Verstehen nicht unmittelbar erschließt, sprechen sie auch heute noch sehr tief die Empfindungen desjenigen an, der ihnen aufmerksam zu lauschen versteht.
Wie können wir uns das Bewusstsein, das Empfindungsleben der damaligen Menschheit vorstellen? War es wirklich das gleiche wie jenes, das wir heute kennen? Folgen wir den Aussagen von Menschen, welche die Fähigkeiten des geistigen Schauens entwickelt habe, dann waren diese älteren Zeiten noch von einem ganz anderen Daseinsgefühl geprägt. So schildert uns Heinz Grill, der viele Anregungen zu einer zeitgemäßen Praxis des geistigen Schauens gegeben hat, das Fühlen der damaligen Menschheit als ein „kosmozentrisches“. „Tat tvam asi“, „Das bist Du“, sprach der Mensch, indem er in die Weiten des Raumes hinausblickte. Er erlebte sich selbst im Kosmos gegründet und darin beheimatet. Unser Daseinserleben heute, begrenzt auf den Raum, den wir mit unserem Körper ausfüllen, ist hingegen ein „anthropozentrisches“ Fühlen. Heute stehen wir dem „Du“ des Kosmos mit unserem „Ich“ fremd und mit vielen Rätselfragen gegenüber.
Der Yoga, mit seinem Bestreben und seiner Sehnsucht nach erneuter Einswerdung und Verbindung („yuj“ = „verbinden“), entwickelte sich in jenen langen Zeiträumen eines Herausfallens des Menschen aus der ehemaligen kosmozentrischen Alleinheit und dem Sich-Wiederfinden in der Trennung zwischen einem „Ich“ und einem „Du“, einer Innen- und einer Außenwelt. Mit dieser Ich-Werdung des Menschen, die heute wohl ihren Höhepunkt erreicht hat, geht auch ein verändertes Wahrnehmen der Außenwelt einher. Heute schauen wir mit den Augen nach außen und sehen die materielle Welt. Wir sehen Wälder, Häuser, Straßen […]