Die bekannte Yogatherapeutin und Ärztin Imogen Dalmann sprach mit YOGA AKTUELL über Möglichkeiten, Grenzen und Vorgehensweisen der Yogatherapie
Yoga verfügt über eine umfassende Auswahl von Übungen, die sowohl Körper als auch Geist ansprechen und einen Menschen darin unterstützen können, mit gesundheitlichen Störungen und Einschränkungen umzugehen. Gleichzeitig aber ist Yoga kein Allheilmittel, obwohl er als ein solches gern unreflektiert verkauft wird. Die Ärzte und Yogalehrer Martin Soder und Imogen Dalmann wissen um eine differenzierte Anwendung von Yoga, da die therapeutische Arbeit seit 1987 Schwerpunkt ihres ärztlichen Handelns ist. Sie sind über Deutschland hinaus Pioniere und Autoritäten auf diesem Gebiet. In ihrer Arbeit fließen ihr langjähriges Studium der Yogatradition von T.K.V. Desikachar und ihre fundierten naturwissenschaftlichen Aus- und Weiterbildungen zusammen. Im Interview mit YOGA AKTUELL sprach Imogen Dalmann über Yogatherapie heute und über die Perspektiven für die Zukunft.
YOGA AKTUELL: Wie kann Yoga zu einem therapeutischen Werkzeug werden?
Imogen Dalmann: Wichtig ist, dass die Ideen eines „klassischen Übungskanons“ aufgegeben werden. Damit gemeint ist, dass in der Yogaszene die Idee herrscht, dass es eine Reihe von klassischen Übungen gibt und dass man die alle machen müsste. Mit der neueren Yogaforschung ist hingegen klar geworden, dass es nicht so ist. Man muss nicht den Kopfstand, den Schulterstand, die Brücke, den Drehsitz etc. machen. Die tauchen – oft in unterschiedlicher Abfolge – aber immer wieder auf, werden jedoch leider nicht immer sinnvoll eingesetzt. Wir hingegen üben Varianten vieler Übungen. Wir können davon ausgehen, dass diese Asanas immer schon in verschiedenen Variationen praktiziert worden sind.
Als Therapeut sollte man sich immer am Ziel und am Anliegen des Übenden orientieren. Damit ist gemeint, dass der Therapeut nicht seine eigenen Wünsche mit einbezieht. Er soll nicht „sein“ Programm durchziehen und stur das tun, wovon er meint, der Patient braucht es. Manchmal sieht man etwas, was dem Patienten gut täte, dieser aber möchte das gar nicht oder ist mit einem ganz anderen Anliegen gekommen, das man in den Vordergrund stellen sollte. Noch ein wichtiger Punkt ist, dass der Yogatherapeut so viel Erfahrung haben sollte, dass er in der Lage ist, angemessene Varianten der bekannten Asanas zur Verfügung zu stellen. Die Yogapraxis sollte als eine Art „Gesamtpaket“ vermittelt werden. Damit gemeint ist ein kompletter Kurs, der nicht aus vielen […]