Die Urkraft, die im Muladhara Chakra schlummert – Einbildung einer Hand voll Mystik-Freaks, suspekter Schlangenzauber oder ernstzunehmendes Phänomen?
Kundalini Shakti ist die Bezeichnung für die Urkraft des Universums und innere spirituelle Kraft des Menschen. Im unerweckten Zustand schlummert sie zusammengerollt im Muladhara Chakra am Ende der Wirbelsäule, so heißt es. Wenn sie aber erwacht, schlängelt sie sich entlang des zentralen Energiekanals Sushumna Nadi empor. Gelangt sie dabei bis hinauf zum Sahasrara Chakra am Scheitel, wo sie sich mit dem reinen Bewusstsein rückverbinden kann, führt ihr Wiederaufstieg zu Mukti. Diese so genannte Schlangenkraft ist jedoch ein Phänomen, dem, so hat man den Eindruck, hierzulande viele nach Erleuchtung Strebende eher zurückhaltend gegenüberstehen. Wie ist diese Skepsis zu erklären, was findet man im Westen befremdlich an der Kundalini Shakti, die gemäß tantrischen Schriften als schöpferisches Prinzip das reine Bewusstsein um den dynamischen Aspekt ergänzt? Dass man sich außerhalb Indiens anscheinend ein wenig schwer mit der Kundalini tut, könnte zum einen mit der Schlangensymbolik zusammenhängen, wird doch die Schlange im christlichen Kulturkreis gemeinhin mit dem Sündenfall und negativen Eigenschaft wie Arglist assoziiert. Zum anderen könnte die eher verhaltene Einstellung zur Kundalini daran liegen, dass man die Universalität des Phänomens bislang unterschätzt hat.
Den meisten sind Erfahrungsberichte zu dieser Kraft, die als einer der Schlüssel zum Samadhi gilt, wohl hauptsächlich aus dem indischen Kulturkreis bekannt. Da sie somit verkennen, dass es auch über Indien hinaus zahlreiche Erfahrungsberichte gibt, die das Emporsteigen der dort als Kundalini bezeichneten Kraft beschreiben, ist ihnen nicht genügend Intersubjektivität, nicht genügend Beweismaterial gegeben, um an die Existenz dieser Kraft zu glauben. Im Eingangskapitel des kürzlich in deutscher Übersetzung neu erschienenen Werks „Kundalini Shakti – Die göttliche Kraft“ weist Swami Kripananda jedoch auf die unbestreitbare Universalität der Kundalini hin und belegt sie mit etlichen Beispielen. Frappierend dabei ist, dass in vielen Kulturen die Kundalini nicht nur in ähnlicher Form beschrieben, sondern sogar gleichfalls mit dem Bild der Schlange dargestellt wird, das sich mit Ausnahme seiner alttestamentlichen Bedeutung über die Zeitalter hinweg global gesehen vorwiegend als positives Symbol wiederfindet.
Die Symbolik der Schlange
Die ältesten archäologischen Funde zur Schlange als Versinnbildlichung der unermesslichen Urkraft stammen aus Mesopotamien und zeigen zwei die polaren Kräfte zum Ausdruck bringende Schlangen, die sich um die Wirbelsäule […]