In der Stille können wir unsere tiefe Verbundenheit mit allem wahrnehmen. Pranayama ist ein Weg, uns dorthin zu führen. Warum dabei Achtsamkeit wichtiger ist als die richtige Technik, hat YOGA AKTUELL von einem wunderbaren Lehrer erfahren: Dr. Shrikrishna Bhushan Tengshe
Dr. Shrikrishna Bhushan Tengshe hat mehrere Jahrzehnte lang das Kaivalyadhama-Institut in Mumbai, eines der ältesten Zentren für Yogaforschung und -therapie in Indien, geleitet. Seit seiner Pensionierung unterrichtet er weltweit Yogalehrer und spirituell Suchende in Pranayama und Meditation – unter anderem im Seminarhaus und Retreat-Zentrum Rosenwaldhof bei Berlin. Mit YOGA AKTUELL hat er über die drei Stufen der Pranayama-Praxis, die Freundschaft mit dem Atem und die Erfahrung der Stille gesprochen.
Interview
YOGA AKTUELL: Sie betonen immer wieder, dass unser Atem unser Freund ist. Können Sie diese Freundschaft ein wenig beschreiben?
Dr. Shrikrishna Bhushan Tengshe: Ein Freund ist jemand, der uns nicht verurteilt. Jemand mit dem wir uns wohlfühlen und vor dem wir keine Angst haben. Jemand, der für uns da ist, wenn wir traurig oder glücklich sind. Und ein Freund gibt uns Hinweise, wenn wir auf dem falschen Weg sind. Unser Atem ist so eine Art von Freund. Aber damit ist nicht nur der von selbst ablaufende physische Atemprozess gemeint. Das ist unser Ausgangspunkt. Der Atem ist Ausdruck der Lebenskraft, die sich in vielen Bereichen unseres Körpers – z.B. auch in unserem Herzschlag – zeigt und die uns normalerweise nicht bewusst ist. Über unseren Atem, den wir bis zu einem gewissen Punkt beeinflussen können, können wir uns dieser Kraft gewahr werden. Durch ihn können wir erkennen, dass wir ein Teil des großen Ganzen, der universellen Lebensprozesse sind. Das ist kostbar und wichtig. Insbesondere, wenn wir uns in den vielen Anforderungen des Alltags, in Emotionen wie Angst oder Ärger verlieren. Dann kann uns der Atem ein Anker sein, der uns zurück zu unserer Mitte bringt. Denn unser Geist kreiert häufig Barrieren und Wände zwischen uns und der Welt. Wir realisieren nicht, dass wir ein Teil von ihr sind.
Sie unterstreichen immer wieder die Bedeutung der Achtsamkeit. Meine Erfahrung ist, dass es vielen Menschen sehr schwerfällt, über längere Zeit beim Atem zu bleiben. Können Sie diesen Menschen einen Rat geben?
Meine einzige Empfehlung lautet: Fangen Sie an. Bemerken Sie, dass es nicht […]