Fortgeschrittenes Pranayama im Himalaya – ein Erlebnisbericht von Stefan Datt.
Das klassische System des Hatha-Yoga benutzt an erster Stelle die uns allen gut bekannten Übungen der Asanas und des Pranayama. Diese wiederum sind wichtige Stufen im achtgliedrigen Weg des Raja-Yoga, dem Weg zum Samadhi (höchste Meditation: Verschmelzung und Verwirklichung) durch Gedankenkontrolle. Doch wie genau der Schritt von den Übungen des Körpers und des Atems in den Bereich der inneren Kontrolle des Geistes (Pratyahara) und damit zu den drei höchsten Stufen des Raja-Yoga (Konzentration Meditation Selbstverwirklichung) geschieht, wird erst deutlich, wenn man intensiver in den Bereich des Pranayama vordringt und die Theorie und Praxis der Energiekontrolle durch bewusstes Atmen versteht.
Der Weg führte mich zum wiederholten Male in den Himalaya, an die Ufer des Ganges. An diesem heiligen spirituellen Kraftort der Yogis liegt das SIVANANDA KUTIR, ein kleiner Ashram der Sivananda Yoga Zentren, eine Perle. Wir, das heißt eine kleine Gruppe mutig Praktizierender, beginnen die Sadhana, die spirituelle Praxis, mit der Umstellung der Ernährung.
Das Essen wird dabei aus dem Bereich der Sinneserfahrung in den Bereich des Sattva (Reinheit und Ruhe) gebracht. Wird die Zunge beherrscht, lassen sich auch alle anderen Sinne leicht beherrschen. Deshalb spielt für fortgeschrittene Praktizierende das Essen eine so wichtige Rolle. In den ersten zwei Tagen klagen einige Teilnehmer über Kopf- und Gelenkschmerzen. Die Schlackenstoffe und die aus den Geweben frei werdenden Gifte zirkulieren noch im Blut. Das rein vegetarische Essen ist frisch aus der Umgebung und besteht hauptsächlich aus Kitcherie (Reis und Linsen), welches ohne Salz und stimulierende Gewürze gekocht wird; dafür verwendet man Kurkuma (Gelbwurz) und Ghee (geklärte Butter). Wurzelgemüse stehen nicht auf dem Speiseplan, sondern leichte Blattgemüse. Täglich wird viel frisches Obst gegessen und eine Tasse heiße Mandelmilch mit schwarzem Pfeffer und Kardamom getrunken, die das Ojas (spirituelle Energie) stärken soll.
Der Tag beginnt um 4.00 Uhr morgens mit der Reinigung der Nase mittels Faden und Salzwasser sowie mit dem Bewegen der Bauchorgane mit Hilfe der Bauchmuskulatur (Nauli und Agni Sara). Die Praxis des Pranayama baut sich Tag für Tag langsam auf und erreicht schließlich eine Dauer von 7 – 10 Stunden pro Tag, je nachdem, in welchem Rhythmus der Sadhaka (Praktizierende) übt. Die „Bibel“ der Hatha Yogis ist die Hatha Yoga Pradipika; sie bildet – in der von Swami Vishnu-devananda kommentierten Form – die Grundlage des Kurses.
Hier werden höchstes Hatha Yoga-Wissen und die entsprechenden Techniken, die es zu erlangen gilt, vermittelt. Dieses […]