Koshas, Chakras, Nadis und Vayus – was hat es mit diesen energetischen Realitäten auf sich? Einblicke in die feinstoffliche Anatomie des Menschen.
Wenn ein Mensch in den letzten Zügen seines Lebens liegt, dann ringt er gewöhnlich um Atem: Die Atmung wird langsamer und angestrengter. Die Abstände zwischen Ein- und Ausatmung werden immer länger. Irgendwann geschieht eine Ausatmung, auf die keine Einatmung mehr folgt. Etwas also ist gegangen, entwichen. Der Atem ist der Träger des Lebens, und so sagen wir sehr treffend, dass jemand sein Leben „ausgehaucht“ hat, um zum Ausdruck zu bringen, dass er gestorben ist. Das Offensichtlichste am physischen Tod ist eben die Abwesenheit des Atems. Stille.
Die Hatha-Yoga-Pradipika verwendet die Begriffe Pranayama und Kumbhaka synonym, mit anderen Worten: Pranayama ist Kumbhaka.
Was aber ist es, das mit dieser letzten Ausatmung unseren physischen Körper verlässt und das wir „Leben“ nennen? So unbegreiflich es einerseits ist, so klar lässt es sich doch aus einer yogischen Perspektive darstellen: Was am Ende des physischen Lebens geht, ist der Linga-Sharira, unser feinstofflicher Körper. Er ist aufgebaut aus Chitta, dem Geist in all seinen verschiedenen Aspekten, und Prana, unserer Lebensenergie oder Vitalkraft. Damit haben wir eine Definition für das Lebewesen Mensch: Er ist Körper plus Chitta plus Prana. Im Kern freilich ist er spiritueller Natur: das durch alle Schichten strahlende innere Licht, Purusha, Atman …
Prana, die Kraft, die uns belebt, ist auch die Brücke zwischen Körper und Geist: Jeder physische oder mentale Zustand korrespondiert mit der ihm eigenen Atmung. Der bewusste Umgang mit dem Atem führt deshalb umgekehrt zu Veränderungen in unseren mentalen Befindlichkeiten. In dieser Erkenntnis gründet die Atemarbeit des Yoga.
Der Energiekörper als menschliche Realität
Die Lebensenergie haben nicht allein die alten Yogis entdeckt, sondern eine Vielzahl von Kulturen sucht seit jeher den Kontakt mit dieser uns belebenden Kraft, meist durch die Praxis des Atmens. In Indien nennt man sie Chi, in Japan Ki. Jesus nannte die Lebensenergie in seiner aramäischen Muttersprache Ruha. Das bedeutet zugleich Leben und bildet greifbar die enge Verbindung von Atem und Leben ab. Im Pranayama, der Atempraxis, spiegelt sich auf sehr konkrete Weise die yogische Vorstellung des Energie- oder Prana-Körpers wider. Es ist also lohnend, sich mit der […]