Aleksej Zasuhin praktiziert Tibetische Medizin in Berlin. Im Gespräch mit YOGA AKTUELL erklärt er, warum er den Bewegungs- und Berührungsmangel des letzten Jahres für folgenreich hält, und inwiefern energetischer Überfluss ein entscheidender Faktor für unsere aktuellen Problematiken ist.
Aleksej Zasuhin, 1970 in Ulan Ude / Sibirien geboren, ist ausgebildeter Lehrer der Tibetischen Medizin. Nach seiner Übersiedlung nach Deutschland Ende der 1990er Jahre machte er eine Zusatzausbildung als Physiotherapeut und eröffnete eine eigene Praxis in Berlin. Sein ganzheitlicher Heilansatz beinhaltet neben den klassischen Behandlungsmethoden eines Physiotherapeuten auch Pulsdiagnostik, Atemtherapie, manuelle Therapie, Ernährungsberatung und Lebensberatung. Er kennt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zweier komplett unterschiedlicher Kulturen und weiß, wie die westliche Gesellschaft von der Tibetischen Medizin lernen kann. Sein Ansatz ist, die asiatisch orientierte Tibetische Medizin den Erfordernissen der westlichen Lebenswelt anzupassen.
Über die Tibetische Medizin sagt Aleksej Zasuhin: „Die Typenlehre der Tibetischen Medizin gibt nicht nur Hinweise auf körperliche Erkrankungsrisiken, auf günstige und ungünstige Ernährungsweisen, sondern auch auf Charaktereigenschaften. Die Psychologie spielt dabei eine entscheidende Rolle. Es geht nicht nur darum, dass zum Beispiel träge Menschen weniger Milch trinken – die Menschen können auch erkennen, welche Berufswahl, welche Wünsche für sie realistisch und sinnvoll sind, und so vermeiden, in eine falsche Richtung zu gehen. Die Tibetische Medizin bietet eine Art Gebrauchsanweisung für eine Lebensführung, zu der auch gesellschaftliche und politische Aspekte gehören. Selbsterkenntnis reicht über die körperliche Verfassung hinaus. Die Gefahr unserer Zeit liegt in der Pauschalisierung: Alle werden mit Aspirin behandelt und vor Computern mit den gleichen reduzierten Informationen berieselt. Die Gleichschaltung wirkt umso leichter, je weniger die Menschen sich selbst kennen und je mehr sie sich von ihrer Individualität entfernt haben. Doch frei wird man nur durch Individualisierung, nicht nur im Körperlichen, sondern auch auf einer geistigen Ebene. Die Tibetische Medizin hat auch einen epidemiologischen Ansatz: Nicht nur ‚Zivilisationskrankheiten‘ können durch sie behandelt werden, sondern auch die ‚Krankheit der Zivilisation‘.“
Interview
YOGA AKTUELL: Herr Zasuhin, Sie schreiben in Ihrem Buch „Moderne Tibetische Medizin“: „Meine Patienten müssen mich nicht ständig aufsuchen, damit ich irgendwas mit ihnen mache, vielmehr können sie ihre Heilung selbst in Gang setzen.“ Mit welchen Problemen kamen Patienten im Laufe des letzten Jahres zu ihnen?
Aleksej Zasuhin: Man kann dem letzten Jahr durchaus auch […]