Zwischen strengster Verteufelung und Sex als wahllosem Konsum: der spirituell fruchtbare Umgang mit sexuellem Begehren.
Zwei biologische Tatsachen sind nicht zu leugnen: Erstens – wir werden mit Genitalien geboren. Und zweitens – wenn diese stimuliert werden, bereiten sie uns beträchtliches Vergnügen. Diese beiden Tatsachen waren ein permanenter Knackpunkt für religiöse und politische Autoritäten, die beide, aus jeweils eigenen Gründen, immerwährend um ein ordnungsgemäßes Leben bemüht sind. Und sexuelle Leidenschaft wurde typischerweise als potenzielle Gefahr für die bestehende Ordnung betrachtet. Sex, so lautet die Mär, macht uns irrational, und Irrationales ist eine Bedrohung für die organisierte Religion und für den Staat.
Dennoch ist, wie uns die sexuelle Revolution gelehrt hat, die Unterdrückung unseres sexuellen Instinktes durch Klerus oder Politik eine direkte Bedrohung gegenüber unserem Wachstum als menschliche Wesen: wir haben das Recht sexuell zu sein. Selbstverständlich aber bringt dieses Recht ein Menge Verantwortung mit sich.
Während religiöse Autoritäten niemals verneinen konnten, dass unsere Körper mit Geschlechtsorganen ausgestattet sind, haben sie traditionell übermäßige Aufmerksamkeit darauf gerichtet, wie wir damit umgehen sollten. Gemäß einer der zu unterscheidenden Denkschulen sind die Genitalien ausschließlich zur Fortpflanzung da. Wenn man keine Kinder zu zeugen wünscht, sollte man, so diese Auffassung, die Existenz der Fortpflanzungsorgane ganz einfach vergessen. Und wenn man zwei oder drei Kinder gezeugt bzw. geboren hat, sollte man im Grunde nie wieder etwas mit Sex zu tun haben. Das große Ideal dieser Sichtweise auf das Leben ist das Zölibat, die Entsagung gegenüber jeglicher sexueller Aktivität.
Eine zweite, weniger radikale Ansicht erkennt die Tatsache an, dass nur wenige Leute ohne dazu gezwungen zu sein den Weg des Zölibats wählen. Dieses zweite Lager der religiösen Autoritäten hebt zwar ebenfalls die Fortpflanzungsfunktion von Sex hervor, gestattet den Menschen jedoch darüber hinaus, auch unabhängig vom direkten Zweck der Zeugung sexuell aktiv zu sein. Dieser Einstellung nach sollte Sex hinsichtlich Art und Weise sowie Häufigkeit reguliert werden. Dies scheint eine gangbarere Haltung zu sein, und im Folgenden möchte ich zeigen weshalb.
Vom reinen Zeugungsakt bis zum Vergnügen mit Tiefgang
Innerhalb dieser gemäßigteren Gruppe finden wir eine große Bandbreite an Ansätzen. Am einen Ende des Spektrums steht die Ansicht, dass sexuelle Betätigung jenseits des Zeugungsaktes eigentlich nicht wünschenswert ist, die Menschen – schwach wie sie sind – jedoch nicht zum […]