„Blüten-Opfergaben“ als spirituelle Praxis. Teil 5: Wahrhaftigkeit.
Als Pilger auf dem spirituellen Pfad finden wir in den vedischen Texten, jenen ältesten Schriften der Menschheit, zahlreiche Hinweise und Anleitungen, die uns dem Verständnis und schließlich der Verwirklichung unseres Selbst (Atman) näherbringen. Mit „Pushpanjali“ wird uns erläutert, welche menschlichen Qualitäten wir kultivieren müssen, um unser letztes Ziel, nämlich die Befreiung (Moksha) von aller Verstrickung und Verblendung, erreichen zu können: Mit dem bewussten Praktizieren der acht „Blütengaben“ als unserem täglichen Handeln in der Welt klären wir unseren Geist, wir verfeinern und wandeln ihn. Diese Läuterung gilt als eine notwendige Vorbereitung auf dem Weg zu jener höchsten Erkenntnis.
In den vorangegangenen vier Ausgaben wurden sieben Blüten als spirituelle Praxis bereits ausführlich beschrieben: das Nicht-Verletzen sowie die Meisterung der Sinne, das Mitgefühl und die Vergebung, die Seelenruhe, die Selbstdisziplin und schließlich das großzügige Geben. Mit Satya, Wahrhaftigkeit, wird diese Serie nun vervollständigt und zu einem Abschluss geführt – bevor wir uns später dann den inneren „Feinden“ zuwenden möchten, die als Stolpersteine auf unserem Weg immer wieder ganz besondere Aufmerksamkeit erfordern.
8. Blüte: Satya – Wahrhaftigkeit
Wahrhaftigkeit ist ein universeller Wert, da er von allen Menschen geteilt wird, unabhängig von Alter, gesellschaftlichem Stand, Kultur oder religiösem Hintergrund. Jeder – selbst jemand, der lügt – erwartet, dass andere ihm gegenüber ehrlich sind. Auch für den Lügner also ist Satya ein Wert, und er wird sich entsprechend empören, wenn er herausfindet, dass er belogen wurde.
Wir alle kommen mit einem natürlichen Sinn für Wahrheit zur Welt. Das liegt ganz einfach daran, dass die Wahrheit mit dem übereinstimmt, was ist. Kleine Kinder haben noch nicht gelernt, Dinge zu sagen, die sich von dem, was sie wahrnehmen und verstehen, unterscheiden – sie sprechen natürlicherweise so über die Dinge, wie sie sie sehen. Unwahrheit entspricht nicht dem, was ist. Die Wahrheit zu kennen und dennoch anders zu sprechen oder zu handeln wird als Asatya bezeichnet – es liegt eine absichtliche Verzerrung oder falsche Darstellung vor, die einem Zweck dient. Menschen haben verschiedene Gründe, die Unwahrheit zu sagen, etwa aus Angst, in Schwierigkeiten zu geraten, um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, oder Verschiedenes mehr. Aber der menschliche Geist kann Inkonsistenzen von Natur aus nicht gut tolerieren – und Lüge ist unvereinbar […]