Muho, seit 2002 Abt des japanischen Zenklosters Anaiji, über Zazen und Glück, über Schmerz und Medienrummel sowie über sein Leben als Mönch und Familienvater
Auf seinem Meditationskissen hat der in Berlin geborene Olaf Nölke (Jahrgang 1968) schon viel gesessen, insgesamt mehrere tausend Stunden, anlässlich der regelmäßig stattfindenden Sesshins jeweils 15 Stunden pro Tag. Die damit verbundenen Schmerzen und Strapazen kommentiert er so: „Wenn es überhaupt einen Weg zu einem sinnerfüllten Leben gibt, dann muss er durch die Hölle führen.“ Und sein Fazit: „Es gibt Wichtigeres im Leben, als sich gut zu fühlen.“
Schon als kleiner Junge stellte er sich, nachdem seine Mutter starb, die Frage nach dem Sinn von Leben und Tod. Er studierte Japanologie, Philosophie und Physik in Berlin und für ein Jahr auch an der Universität Kyoto. Zu dieser Zeit besuchte er zum ersten Mal das Kloster Antaiji und verbrachte dort sechs Monate. Er wurde Mönch und nahm den Namen Muho an. Außer in Antaiji verbrachte Muho auch jeweils ein Jahr in dem Rinzai-Kloster Tofukuji in Kyoto, wo Prügel ebenso zur Tagesordnung gehört wie Erbrochenes zu essen, und im Hosshinji in Obama, einem Priesterseminar der Soto-Schule.
Für einige Zeit lebte Muho unter Obdachlosen in der Großstadt Osaka und lernte dort Tomomi kennen, die sein Frau wurde und zwei Kinder gebar. Schließlich wurde Muho zum Abt von Antaiji berufen. Seither leitet er mitten in den japanischen Bergen eines der größten buddhistischen Zen-Klöster Japans. Über seinen Lebensweg und seine Erfahrungen und Erkenntnisse hat er ein Buch geschrieben, das in diesem Jahr im Rowohlt Verlag erschien: „Zazen oder der Weg zum Glück“. Mathias Tietke befragte Abt Muho zu seinem Buch und Aspekten des Zazen.
Mathias Tietke: Von einem Zenmeister stammt der Ausspruch, über Zen zu schreiben, das wäre so, als würde man einem Fisch Füße ankleben. Weshalb hast du versucht, einem Fisch Füße anzukleben?
Abt Muho: Über Zen zu schreiben ist im Glücksfall so, wie einem eine Landkarte in die Hand zu drücken, damit er weiß, wohin er gehen muss. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Landkarte ein Ersatz für die Wanderschaft selbst ist, und es reicht natürlich auch nicht, bloß mit dem Finger über die Landkarte zu wandern. Mein Buch soll allerdings weniger eine Landkarte sein als eine […]