Dr. Vasant Lad ist ohne Frage einer der bedeutendsten Vertreter ganzheitlicher Medizin der heutigen Zeit. Wir sprachen mit ihm über seinen Lebensweg zur und mit der „Wissenschaft vom gesunden und glücklichen Leben“, über die Verbindung zwischen Ayurveda und Spiritualität und die Bedeutsamkeit eines Verständnisses der ayurvedischen Prinzipien für eine fruchtbare Yogapraxis.
Es ist zu einem großen Teil der Verdienst dieses bescheidenen und scheinbar unermüdlichen Mannes, der bereits in jungen Jahren von der Magie des Ayurveda gepackt wurde, dass dieser auch außerhalb Indiens heute Bekanntheit erlangt hat und ihn immer mehr Menschen zu schätzen wissen. Dr. Vasant Lad brachte den Ayurveda in den späten 1970er Jahren in den Westen, und in Kürze erscheint nun die inspirierende Dokumentation Der Doktor aus Indien über sein Leben und Wirken sowie über den unschätzbaren Wert der traditionellen indischen Heilkunst – was wir als Anlass nahmen, uns mit Dr. Lad auszutauschen.
Ayurveda und Yoga wirken zusammen und sind wechselseitig inbegriffen. Sie sind die beiden Seiten ein und derselben Münze. Ohne Ayurveda ist ein Yogi nur ein halber Yogi, ohne Yoga ist ein Ayurveda-Arzt nur ein halber Arzt.
Interview
YOGA AKTUELL: Wie kam der Ayurveda in ihr Leben?
Dr. Vasant Lad: Der Ayurveda ist unser kulturelles Erbe. Er ist unsere klassische vedische Medizin, die in den Dörfern und Städten Indiens seit Generationen praktiziert wird. Mein Vater war als Medizinmann bekannt und behandelte die Menschen mit seinen geheimen ayurvedischen Kräuterpräparaten. Meine Geschichte mit dem Ayurveda beginnt mit meiner Großmutter. Sie war sehr liebevoll und mitfühlend, und ich war ihr ganz besonderer Enkelsohn. In ihren Achtzigern, das war in den frühen 1950er Jahren, litt sie am nephrotischen Syndrom. Mein Vater brachte sie zu den verschiedensten Ärzten, aber nichts half. Sie setzte all ihren Glauben in meinen Vater als Medizinmann, doch es war jenseits seiner Möglichkeiten, sie zu kurieren. Einer seiner Freunde, ein sehr berühmter Ayurveda-Arzt, kam zu uns nach Hause, um meine Großmutter zu behandeln. Sie hatte am ganzen Körper Schwellungen und litt unter Atemnot. Er konnte noch nicht einmal ihren Radialispuls spüren. Er spürte einen leichten Pulsschlag an ihrer Daumenwurzel, mit einem Finger. Wir beobachteten ihn dabei, wie er diesen einen Finger bewegte, erst lächelnd, dann stirnrunzelnd. Dann schrieb er auf ein Blatt […]