Die Yogini und Portraitzeichnerin Kate Steiner spiegelt in ihren Yogaportraits die jedem Menschen inhärente Schönheit, die man mit dem starr auf unerreichbare Ideale gerichteten Blick oft selbst nicht sieht. Mehr darüber erzählt sie in diesem Kurzinterview
Das Streben nach einer stereotypen Art von Perfektion begegnet uns im Yoga so wie auch überall sonst in der Gesellschaft. Sich klein zu fühlen – nicht gut genug und seltsam verloren in diesem Leben – ist ein Problem, das viele Menschen begleitet und das nur schlimmer wird, wenn man weiterhin fragwürdigen Idealen nacheifert. Sich mit einem liebevollen Blick so zu sehen, wie man ist, die eigene Schönheit zu erkennen, auch wenn sie nicht in den engen Rahmen übermächtiger Idealbilder passt, ist eine zutiefst heilsame und transformative Neuausrichtung, die Kate Steiner, Yogalehrerin und Künstlerin, mit ihrem Wirken unterstützen möchte.
Ihre eigene Geschichte ist keine einfache – traumatische Kindheitserlebnisse, Sucht und Depression spielen in der Biographie der in Wien lebenden Engländerin eine schwerwiegende Rolle. Doch die düsteren Zeiten sind überwunden, und nun gibt Kate Steiner an andere weiter, was ihr dabei half: Yoga und die Begegnung mit dem eigenen Portrait – einem Portrait, das nicht „beschönigt“, sondern authentische Schönheit sichtbar macht. Dabei konzentriert sie sich auf die Darstellung des Körpers, ohne die Gesichtszüge zu präzisieren, so dass jedes Bild einen überpersönlichen Aspekt erhält, in dem sich auch andere wiederfinden können. Was das Besondere an den von ihr gezeichneten Portraits ist und warum diese einen sanften Impuls geben können, sich selbst in einem neuen Licht zu sehen, erklärte sie uns im Interview:
YOGA AKTUELL: Kannst du uns erzählen, welche Art von Portraits du zeichnest und worauf es dir dabei ankommt?
Kater Steiner: Ich erschaffe yoga-zentrierte Kunstwerke und teile Dinge, die mich im Leben und in meiner Yogapraxis inspirieren. Ich möchte Menschen dabei unterstützen, die Fähigkeit zu entwickeln, stets im gegenwärtigen Moment die ihrem Leben innewohnende Schönheit zu sehen und Selbstliebe sowie Selbstakzeptanz zu praktizieren, so dass jeder Zuversicht ausstrahlen kann und ohne Scham in seine eigene authentische Kraft eintreten kann.
Meine Vision und Intention liegen darin, meine Kunden dabei zu begleiten, sich die unglaubliche Schönheit ihres Körpers in der Bewegung, in der Atmung oder in der Stille ins Bewusstsein zu rufen, und Augenblicke der reinen Akzeptanz einzufangen, in denen jegliches Streben wegfällt. Dabei möchte ich nicht nur zu Selbstliebe inspirieren, sondern auch zu einer Liebe dafür, wo sie jetzt gerade in ihrer Yogapraxis und in ihrem Leben stehen.
Geht es erstmal nur um eine positive Wahrnehmung des eigenen Körpers oder möchtest du darüber hinaus auch auf eine viel umfassendere Schönheit hinweisen?
Ich glaube daran, dass jeder einen strahlenden innersten Kern in sich trägt, ganz unabhängig vom Äußeren. Durch meine Arbeit hoffe ich, Menschen dazu inspirieren zu können, nicht nur die Einzigartigkeit ihres physischen Körpers zu sehen, zu akzeptieren und zu zelebrieren, sondern darüber hinaus auch ihr einzigartiges inneres Wesen.
Yoga schenkt uns eine unfassbare Einsicht in uns selbst, und wenn wir in der Lage sind, das Gefühl von Scham abzulegen, das in unserer Gesellschaft oftmals mit den unerreichbaren Vorstellungen von Perfektion verknüpft ist, erkennen wir, dass wir bereits perfekt sind! Dann kannst du es einfach lieben, du selbst zu sein und in deinem Körper zu sein.
Welche Reaktionen auf die Portraits hast du erlebt, welche Feedbacks bekommen?
Die meisten Leute sind überrascht und regelrecht schockiert darüber, wie positiv sie sich selbst wahrnehmen können, wenn sie meine Portraits betrachten. Es macht mich zutiefst dankbar, wenn ich einem Menschen eine andere, erhebendere Perspektive auf sich selbst aufzeigen kann, indem ich für ihn ganz einfach als Spiegel fungiere.
Auch für dich selbst waren Portraits ein Element, das dir geholfen hat, Körperscham und Minderwertigkeitsgefühle hinter dir zu lassen. Wie war deine eigene Erfahrung damit?
Im Jahr 2015 ging es mir sehr schlecht. Ich versuchte, ein Kindheitstrauma zu überwinden, und empfand es auch als extrem schwierig, die chronischen gesundheitlichen Probleme zu verarbeiten, gegen die ich ankämpfte. Nachdem ich an der Uni eine Reihe von Selbstportraits gezeichnet hatte, stellte ich fest, dass diese Portraits meine Sichtweise veränderten. Es war, als ob ich mich selbst kämpfen sah. Dadurch war ich fähig, mir selbst Mitgefühl und Akzeptanz entgegenzubringen. Es war fast so, als ob ich in diesen Zeichnungen eine alte Freundin sah, oder ein verlorenes Kind, das meiner Stärke und Freundlichkeit bedurfte und das selbst in seinem Schmerz schön war. Das wurde von da an der Fokus meiner Portraitzeichnungen.
Es war für mich eine wertvolle Einsicht in die heilsame Kraft des Portraitierens, und nun versuche ich, dieses Gefühl der Selbstakzeptanz mit anderen zu teilen.
Dir selbst hat neben Yoga und den Portraits auch das Reisen sehr geholfen, mit der Schönheit des Lebens, die in jedem von uns wohnt, in Kontakt zu kommen. Warum ist die Erfahrung des Reisens, ganz kurz gesagt, so wertvoll?
Auf meinem Weg zur Selbstheilung gab es drei grundlegende Einflüsse, die als Katalysator für einen großen Schritt nach vorn agiert haben. Das erste Element war die Kreativität, die mich seit meiner Kindheit stets begleitet hat, ob es Zeichnen oder Schreiben war.
Das zweite Element war das Reisen. Es hat mich von so vielen destruktiven und suchtartigen Gewohnheiten geheilt und meine Augen für die Schönheit verschiedener Kulturen und Menschen geöffnet, es hat meinen Geist geweitet. Das Reisen hat mir geholfen, ein toleranterer und empathischerer Mensch zu werden – sowohl gegenüber anderen als auch gegenüber mir selbst –, und ermöglichte mir, aus der Depression herauszukommen. Es hat mir Motivation gegeben, wenn ich aufgeben wollte, und es hat mich herausgefordert und auf die Probe gestellt. Es war mein Lehrer, Heiler und Liebhaber in Einem, und seit ich zum ersten Mal die Freuden des Reisens erlebt habe, gibt es für mich keinen Weg zurück.
Das dritte Element war Yoga, den ich durch das Reisen für mich gefunden habe … So schließt sich dann der Kreis!
Herzlichen Dank für das Interview!