Eigentlich ist Meditation ja etwas Schönes. Eigentlich. Wenn da nicht die vielen Gedanken, die Ruhelosigkeit oder die Schläfrigkeit wären.
Obwohl ich jetzt schon lange meditiere, werde ich – neben wunderschönen Momenten in der Stille und des Friedens – immer wieder konfrontiert mit den immer gleichen Zuständen. Jetzt gerade habe ich in dem Buch „Die Kunst, Achtsamkeit zu lehren“ gelesen, dass es fünf Hindernisse gibt, mit denen du und ich bei der Meditation konfrontiert werden können. Diese Hindernisse sind weitverbreitet und alle Menschen, die meditieren, lernen sie früher oder später kennen.
Wahrscheinlich wirst auch du sie kennen und vielleicht wirst du dich freuen, dass du in deiner Meditation nichts falsch machst, wenn sie dir begegnen, sondern dass es sich hierbei um zutiefst menschliche mentale Zustände handeln. Es sind Reaktionen, die unsere Fähigkeit, den Geist so zu sehen, wie er wirklich ist, verschleiern.
- Verlangen / Begehren
- Widerstand / Abneigung
- Ruhelosigkeit / Sorgen
- Schläfrigkeit / Lethargie
- Zweifel
Traditionell sagt man, dass der Geist wie das Firmament des Himmels ist: klar, blau und endlos. Die Hindernisse sind wie Wolken, die den Himmel verdunkeln. Manchmal sind so viele Wolken am Himmel, dass es sich so anfühlt, als wären die Wolken die wahre Natur des Geistes.
Die fünf Hindernisse zeigen sich folgendermaßen:
1. Verlangen / Begehren
Wir alle werden häufig von Verlangen nach etwas oder jemandem angetrieben. Vielleicht ist es so etwas Großes wie das Verlangen, die Liebe des Lebens zu finden oder aber einen neuen Pullover zu besitzen, den wir auf dem Weg nach Hause in einem Schaufenster gesehen haben. Es kann aber auch das Verlangen nach einem bestimmten Zustand während der Meditation sein. Häufig erfahren wir dieses Verlangen als etwas Angenehmes und lassen uns dazu verleiten, zu glauben, dass wir dann vollkommen glücklich und erfüllt wären, wenn wir das Objekt der Begierde haben oder besitzen würden. Es mag sich aber auch unangenehm anfühlen, wenn wir das, was wir begehren, nicht bekommen.
2. Widerstand / Abneigung
Der Widerstand kann sich ähnlich wie das Verlangen auf ganz mannigfaltige Weise zeigen. Abneigung gegen die Länge einer Sitzmeditation, gegen eine bestimmte Yogaübung, einen bestimmten Geruch oder gegen die Schmerzen in deiner Schulter. Meisten erfahren wir Abneigung als etwas Unangenehmes und begegnen ihm mit Widerstand. Das kann aber häufig dazu führen, dass das, was wir nicht haben wollen, an Intensität zunimmt, wie zum Beispiel der Schmerz im unteren Rücken während der Meditation.
3. Ruhelosigkeit / Sorgen
Ruhelosigkeit ist im Körper spürbar, während Sorgen den Geist ruhelos machen. Ruhelosigkeit sorgt dafür, dass es uns schwerfällt, ruhig zu sitzen. Je mehr du dem Impuls nachgibst, dich in der Meditation zu bewegen, desto stärker wird die Ruhelosigkeit.
4. Schläfrigkeit / Lethargie
Besonders nach anstrengenden Tagen kann einen die Schläfrigkeit in einer Meditation überkommen. Auf sie zu achten ist schwierig, weil dies leicht zu einer Rutschbahn zum Wegdösen werden kann. Der Zustand der Lethargie ist dem der Schläfrigkeit sehr ähnlich.
5. Zweifel
Dies wird als das gefährlichste der fünf Hindernisse bezeichnet. Zweifel können dich dazu bewegen, mit der Praxis aufzuhören. Gedanken wie: „Ich kann das nicht!“ oder „Diese Methode ist nicht die richtige für mich“ oder „Ich glaube nicht, dass die Achtsamkeitspraxis wirklich wirkt“ oder „Vielleicht funktioniert es bei anderen, aber ich glaube, dass Sufi-Tanz doch besser zu mir passt“ können dazu führen, dass du mit der Praxis aufhörst.
Mach die Hindernisse nicht zum Problem
Wenn du mit den Hindernissen arbeitest, sie während deiner Praxis oder deiner Meditation bemerkst, mache dir bewusst, dass es sich dabei nicht um ein Problem handelt, solange du keins daraus machst. Du identifizierst sie, benennst sie und nimmst sie am besten gar nicht so persönlich. Sage dir lieber: „Ach, das ist ja interessant, so fühlt sich Ruhelosigkeit an“ oder „Das ist ja spannend! Verlangen fühlt sich so und so im Körper an“ etc. Wenn du sie einfach sein lässt, was sie sind, werden sie sich in ihrer eigenen Zeit verändern. Versuchst du hingegen, sie loszuwerden, dann gehst du ihnen nur auf den Leim – nämlich der Abneigung gegen ein Hindernis. Sei lieber neugierig und wach für das, was sich dir zeigt!
In diesem Sinne wünsche ich dir viel Freude beim Erforschen deiner Hindernisse.
Zum Weiterlesen: Christiane Wolf & Greg Serpa: Die Kunst, Achtsamkeit zu lehren. Arbor Verlag 2016
Dieses Buch bietet dir alles, was du brauchst, um dein eigenes Achtsamkeitsprogramm zu erstellen. Es ist eine wundervolle Hilfe, wenn du dich gerade als Yoga- oder Achtsamkeitslehrer ausbilden lässt. Aber selbst dann, wenn du bereits als MBRS-Lehrer, Meditations- oder Yogalehrer arbeitest, findest du viele hilfreiche Tipps rund um das Thema Achtsamkeit.