… ein starkes Paar! Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Christian Schubert über die immense Bedeutung von sozialen Kontakten, von Selbstwirksamkeit und seelischen Faktoren für intakte Immunkräfte.
Im Mittelpunkt seiner medizinischen Forschung steht für Prof. Dr. Dr. Christian Schubert das Subjekt. In östlichen Traditionen ist diese Sichtweise nichts Neues. Im Westen wird diese Ansicht allerdings immer noch ignoriert. Fatal – besonders in Zeiten wie diesen, in denen es darum geht, das Immunsystem zu stärken, um gesund durch Krisen zu gehen.
Interview
YOGA AKTUELL: Ihr Spezialgebiet ist die Psychoneuroimmunologie. Was genau ist das?
Christian Schubert: Es ist ein „neuer“ Forschungsbereich, der gerade einmal fünfundvierzig Jahre alt ist. Das ist, wissenschaftshistorisch betrachtet, nicht sehr alt. Wir untersuchen die Wechselwirkung zwischen Immunsystem und Psyche. Natürlich spielen hier auch noch andere Aspekte eine Rolle, wie das Nervensystem, das Hormonsystem und soziale Beziehungen. Sie alle sind in die Aufrechterhaltung unseres Wohlbefindens und unserer Gesundheit involviert.
Feststeht: Die Psyche beeinflusst über viele verschiedene Wirkpfade das Immunsystem, und das Immunsystem beeinflusst umgekehrt die Psyche. |
In der derzeitigen Krise ist aber von Psyche keine Rede. Sie wird in meinen Augen völlig außer Acht gelassen. Wie ist das möglich?
Ich sehe diese Krise als die größte Krise der westlichen Medizin an. Wenn wir den Menschen als eine Maschine betrachten – und das tut die Schulmedizin –, dann begehen wir erkenntnistheoretisch fundamentale Irrtümer. Da wäre zunächst der Dualismus. Das derzeit in der Medizin vorherrschende Menschenbild trennt Körper, Geist und Seele. Man lernt schon während des Medizinstudiums, den Menschen materialistisch zu betrachten. Zum Dualismus kommt der Reduktionismus. Der besagt, dass man durch die Analyse der kleinsten Bausteine unseres Organismus das große Ganze verstehen kann. Je genauer wir Gene, Moleküle und Zellen untersuchen, so meinen die Reduktionisten, desto mehr werden wir verstehen, wie der Mensch im Ganzen funktioniert. Dualismus und Reduktionismus sollten durch die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte, insbesondere die der Psychoneuroimmunologie, längst überholt sein.
Sind sie aber nicht, wie man an der aktuellen Corona-Krise sieht. Durch das Herauslassen der Psyche und des Sozialen im Versuch, SARS-CoV-2 einzudämmen, sind einige Paradoxien entstanden, die Großteilen der westlichen Welt – wenn wir uns auf diesen Teil der Hemisphäre […]