Der bekannte indische Yogalehrer R. Sriram über seine spezielle Art zu unterrichten, die Heilkraft des Yoga, das Ausleben von Gefühlen, individuelle Yogaprogramme und ob und wie man mit Yoga Lebensprobleme lösen kann
Der indische Yogalehrer R. Sriram unterrichtet seit vielen Jahren in Deutschland Yoga in der Tradition von T. Krishnamacharya und T.K.V. Desikachar. Ein besonderes Augenmerk richtet R. Sriram in seinem Unterricht immer wieder auf den einzelnen Menschen mit seinen individuellen Bedürfnissen, Problemen und Grenzen. Somit lehrt er ganz im Sinne T.K.V. Desikachars und passt die einzelnen Yogaübungen auf die Bedürfnisse und Nöte des Menschen an anstatt den Menschen auf die einzelnen Yogaübungen.
YOGA AKTUELL: Sriram, wie bist du zum Yoga gekommen?
R. Sriram: Ich war als Junge sehr religiös und fühlte mich zu Hause in den südindischen Tempeln. Ich entwickelte großes Interesse an der indischen Philosophie und an dem Hintergrund der Religionen: Ich begann, alte Schriften, wie die von Shankara, einem Philosophen aus dem 12. Jahrhundert, zu lesen, war aber immer wieder unzufrieden, weil all das nicht wirklich meinen Wissensdurst löschte. Auch die Asanapraxis, mit der ich in meiner Schulzeit oder an der Uni in Berührung kam, überzeugte mich nicht. Dann wuchs in mir Interesse an der westlichen Philosophie und ich las einige Bücher von westlichen Philosophen und Denkern.
Zu der Zeit sagte mir ein Freund: „Wenn du dich für Philosophie interessierst und auch noch den menschlichen Geist verstehen willst, musst Du die Yogaphilosophie, die Yogasutras von Patanjali und die Samkhyakarika lernen.“ Damals habe ich immer wieder von dem Yogameister Sri T. Krishnamacharya gehört. Aber ich hatte innerliche Blockaden Yoga gegenüber, weil ich es zu sehr mit dem Asketentum assoziiert habe, und war selbst mit lebhaften Aktivitäten wie Theater usw. beschäftigt. Irgendwann habe ich den Willen gefasst – unter anderem auch dank einer Freundin, die ich damals gerade kennen gelernt hatte (Anjali, die ich später heiratete) – und bin zu Sri T.K.V. Desikachar gegangen, um an einer Yogastunde teilzunehmen. Um mich von meinen Erwartungen runterzubringen, sagte er: „Du kannst, wenn du willst, erstmal Asanas lernen.“ Das war der Anfang meiner Yogapraxis.
Du bist ja dann über viele, viele Jahre Schüler von Desikachar. Was ist die Essenz, die Sri T.K.V. Desikachar dir mit auf den Weg gegeben hat?
R.S.: Dass Yoga sehr viel mit Wachsamkeit zu tun hat. Damit ist gemeint, dass Yoga offensichtlich ist und nicht kompliziert sein muss. Yoga heißt also Wachsamkeit. Diese Aussage von ihm […]