Mit „8 Sekunden“ kommt ein Film in die deutschen Kinos, der eine ganz besondere Geschichte erzählt. Es ist die Geschichte von Esra Inal, einer jungen Berlinerin mit türkischen Wurzeln, die intensive Wahrträume hat und immer wieder in eine Parallelwelt eintaucht. Als ihr Körper für mehrere Tage lang regungslos verharrt – ein Zustand, den man im Yoga wohl als Samadhi-Erlebnis bezeichnen würde – sind nicht nur die Ärzte ratlos. Auch für Esra selbst und für ihr Umfeld stellen die ausgeprägten spirituellen Fähigkeiten eine Herausforderung dar. Antworten und Unterstützung findet Esra u.a. beim toltekischen Schamanen Don Miguel Ruiz, dem sie in ihren Träumen immer wieder begegnet war. Der Titel „8 Sekunden“ beschreibt die Dauer eines Menschenlebens von der Sonne aus gesehen – unsere winzig kleine Ewigkeit, in der wir träumen und hoffen, leben und wachsen dürfen. Mit Mehmet Kurtuluş, Fahri Yardım, Fırat Çelik, Grit Böttcher, Constantin von Jascheroff und vielen weiteren bekannten Schauspielern ist der Film wahrhaft hochkarätig besetzt. Regie führte Ömer Faruk Sorak. In der Türkei lief der Film bereits, nun darf sich das hiesige Publikum darauf freuen. YOGA AKTUELL stellte Esra Inal, die sich in „8 Sekunden“ selbst spielt, vor dem Filmstart einige Fragen.
Interview mit Esra Inal
YOGA AKTUELL: Der Film „8 Sekunden“ erzählt Ihre Geschichte, Esra. Obwohl es sich um Ihre persönlichen Erlebnisse und um ganz besondere Erfahrungen handelt, gibt es auch etwas, das der Zuschauer für sich aus dem Film mitnehmen kann. Worin liegt dieser überpersönliche Aspekt?
Esra Inal: Im Film geht es um die Transformationsgeschichte einer jungen Frau und darum, wie sie ihren Weg im Alltag meistert. Dabei spielt natürlich auch der mystische Aspekt eine Rolle: dass es da noch irgendetwas Größeres, etwas Anderes gibt. Dem versucht sie zu folgen, aber auf der anderen Seite ist sie oft überfordert mir ihrer eigenen Persönlichkeit. Im Film haben wir sehr darauf geachtet, dass es nicht die „schlechten“ und die „guten“ Charaktere gibt, sondern einfach verschiedene Menschen mit eigenen Meinungen – und dass man zum Schluss merkt: Jeder dieser Menschen hat sein Bestes gegeben. Jeder muss seinen Weg finden, muss sich entwickeln und den bestmöglichen Umgang mit seinem Leben finden. Das geht nur, indem man Verantwortung übernimmt und aus der Opferhaltung herauskommt, statt andere Menschen schuldig zu sprechen. Die schönste Message im Film ist die Vergebung: dass man stets vergeben soll, bevor man aus dem Saal herausgeht – und zwar zuallererst auch sich selbst. Der Mensch geht durch viele Krisen, durch Höhen und Tiefen. Davon wird niemand in diesem Leben verschont bleiben. Wichtig ist, das Beste daraus zu machen – und dieser Weg geht ganz stark über das Vergeben.
Im Film geht es um Erfahrungen, die für denjenigen, dem sie widerfahren, nicht leicht zu verstehen sind – ebenso wenig wie für seine Umwelt. Worin liegt die treibende Kraft, sich diesen Erfahrungen zu stellen und ihnen auf den Grund zu gehen?
Es geht darum, dass man sich selbst gegenüber aufrichtig ist und seine Eigenarten nicht vertuscht. Es ist ein Reifungsprozess – heraus aus den Annahmen, heraus aus den Ängsten und Selbstzweifeln, hinein in eine Konfrontation im positiven Sinne: d.h. im Leben stehen, mehr Bewusstsein entwickeln. Es ist wie mit einem unaufgeräumten Zimmer, aus dem man immer wieder hinausgeht, um sich davor zu drücken, Ordnung hineinzubringen. Es räumt sich nicht von allein auf. Aber irgendwann ist man bereit und sagt: „Jetzt räume ich auf!“. Und dann fühlt man sich besser.
Der Schamane Don Miguel ist eine Schlüsselfigur in Ihrer Geschichte. Was haben Sie, ganz kurz gesagt, bei ihm gefunden?
Er hat mich so akzeptiert, wie ich bin – an seiner Seite wurde ich nicht zu einem Problem. Bei ihm konnte ich mich erstmals aus einer neuen Perspektive sehen und als liebenswert wahrnehmen. So konnte ich in diesem bildlichen unaufgeräumten Zimmer erstmal wirklich ankommen. Sobald ich die notwendige Ruhe gefunden hatte, konnte ich dann auch zur Tat schreiten und in meinen Leben wieder Ordnung schaffen. Miguel ist nicht in dem Sinne ein Guru. Er bezieht auch sehr stark deine Persönlichkeit mit ein und würde nie etwas machen, wozu du dich gegen deine Natur zwingen musst. Er hat mir unzählige Möglichkeiten gezeigt, mich dazu zu inspirieren, schöne Dinge zu tun und vor allem mehr an mich selbst zu glauben. Es ist wunderbar, solche Menschen um sich herum zu haben, bei denen man sich wohlfühlt und ganz ruhig wird, weil die eigenen Wunden nicht ständig wieder aufgestochen werden. Das muss nicht unbedingt Don Miguel sein, das können wir auch füreinander sein. Es erfordert allerdings eine gewisse Reife.
Für „8 Sekunden“ haben Sie mit vielen bekannten Schauspielern zusammengearbeitet. Konnte sich jeder gleich in Ihre einzigartige Geschichte einfühlen, einen Kontakt dazu herstellen?
Ja, absolut. Ich glaube, es war das Schicksal unseres Films, das jeder Mitwirkende einfach perfekt für seine Rolle war. Das war wie Magie, es war Anziehungskraft. Jeder hatte einen Zugang dazu, jeder wusste, was gemeint ist. Man musste keinem Schauspieler sagen, wie er etwas machen soll. Jeder konnte sich einfühlen und war einfach drin. Es war ein sehr interessanter Weg, wie sich alles entfaltet und von selbst getragen hat.
Sie sind als Lehrerin für persönliche Transformation tätig. Wie helfen Sie Menschen, ihren eigenen Weg zu gehen, und was ist das Ziel Ihrer Workshops?
Ich unterrichte, seit ich 23 bin. Meine Art des Unterrichtens ist über die Jahre mit mir mitgewachsen. Mittlerweile lege ich viel Wert auf Körperarbeit und arbeite so pragmatisch wie möglich. Ich versuche, einen Weg zu finden, dass sich die Leute in ihrem Körper sehr wohlfühlen. Die meisten haben jedoch wenig Bewusstsein für ihren Körper – unsere Gesellschaft hat uns ja auch nie beigebracht, den Körper als eigenes Wesen wahrzunehmen und mit ihm im Einklang zu sein. Wenn die Leute stärker in ihrem Körper und im Moment ankommen, entfalten sich Perspektiven für sie, weil sie nicht mehr vor sich selbst flüchten, sondern ihre eigenen Antworten finden. In einer Welt, die unter zu viel Wissen leidet, brauchen wir nicht noch mehr Wissen hinzuzufügen. Vielmehr geht es darum, im Körper mehr Stabilität zu erfahren. Es gibt so viele schöne Möglichkeiten, wie etwa Yoga, Atem oder Psychodynamic Bodywork, womit ich viel arbeite, um Routinen in den Bewegungsabläufen zu unterbrechen, damit man den Körper noch mal auf eine andere Art erfahren kann.
Ich arbeite quasi von außen nach innen, um den Zugang zum unmittelbaren Erfahren wieder herzustellen.
Ich möchte keinen Fanatismus in meinen Seminaren. Wenn z.B. jemand raucht, dann raucht er. Wenn jemand Wein trinkt, trinkt er Wein. Wenn jemand noch Fleisch isst, isst er sein Fleisch. Jeder ist so willkommen, wie er ist. Dann kann er seine Wahrheit finden und wird die Kraft haben, sein Leben in seinem eigenen Rhythmus dementsprechend umzustellen. Aber nicht, weil ich es will oder weil es so sein muss.
Sie haben Yoga erwähnt und kürzlich auch ein Retreat geleitet, bei dem Yoga eine Komponente war. Spielt Yoga also eine feste Rolle in Ihrer Arbeit?
Yoga ist definitiv fester Bestandteil meiner Seminare. Ich habe eine tolle Yogalehrerin dabei: Nicola Tröger, die auch Grinberg-Therapeutin ist und sich sehr gut mit dem Zusammenhang zwischen Körper und Psyche auskennt. Wir arbeiten sehr viel mit dem Körper, mit der Anatomie, mit dem Atem. Und wenn wir am Wasser sind, machen wir z.B. auch Yoga auf Surfboards. Wichtig ist uns immer eine spielerische Leichtigkeit.
Zum Schluss ein Satz an unsere Blog-Leser, was sie erwartet, wenn sie ins Kino gehen und sich den Film anschauen…
Ich wünsche mir einfach, dass die Zuschauer sehen, dass wir unser Bestes gegeben haben. Daumen drücken, dass es in Zukunft mehr Raum für solche Filme geben wird!
Filmstart: 29. Oktober
Trailer: www.youtube.com/watch?v=J-x9H_08RdE