.. oder: Integration durch Unterscheidung – über rechte Spannung und gekonnte Entspannung sowie das Zusammenwirken von Asana- und Pranayama-Praxis.
Für die persönliche Yogapraxis gilt, dass ich das, was ich nicht erfahre, auch nicht verstehen kann. Was ich nicht verstehe, kann ich auch nicht unterscheiden, und was ich nicht unterscheiden kann, kann ich nicht integrieren. Wenn ich nicht integriere, werde ich vorgefassten Meinungen und fremden Überzeugungen den Vorzug geben und lebe das Leben der anderen, im Yoga wie im Alltag. Der Atem wird tief, meine Wahrnehmung flach und meine Fantasie blüht auf – Maha-Maya oder der Lauf der Welt.
Ein gutes Brot entsteht durch guten Teig, sprich: durch Kneten. Aber wenn ich nicht weiß, wie der Teig zustande kommt, bringen mich Knettechniken und -künste nicht sehr weit. Die Unterscheidung des Teiges in Mehl, Wasser und Hefe im rechten Verhältnis zueinander ist für das entsprechende Verständnis notwendig. Ich werde diese Unterscheidung nicht in einer endlosen Verkrümelung des Teiges erlangen, sondern brauche ein Wissen dem Teig gegenüber. Nicht unähnlich in meiner Praxis mit Körper, Atem und Geist – Body, Breath und Being – Kaya, Prana und Manas.
„Körper und Atem durch Asana und Pranayama erfahren und unterscheiden zu lernen, um sie dann als Teile des Ganzen, in einer sich bewusst entfaltenden Person integrieren und wahrnehmen zu können, ist die große Kunst der Yogapraxis.“
Halt und Weite
Der Halt, den eine asanische (stabil-einfach-lösende / vgl. YS II.46/47) Aufrichtigkeit bietet, wird im Pranayama vorausgesetzt, damit das Augenmerk ungehindert auf die rechte Reduzierung des Atems gelenkt werden kann (YS II.49). Denn wenn sich der Körper verantwortungsvoll selbst hält – wenn ich ihn quasi sein lassen kann –, dann habe ich den unabgelenkten Raum, um den Atem trotz der Herausforderung der Reduzierung in leicht-lockeren und nicht gepushten Bahnen zu bewegen. Dieser körperliche Halt ist wichtig, denn im Pranayama reguliere ich den Atem mit Weite und Weiche, und das spiegelt sich vor allem im Bauch wider. Gerade wenn es schwierig wird, ist es wichtig, den Bauch weiter entspannen zu können, um die Kontrolle entweder aufrechtzuerhalten oder wiederzuerlangen. Einen sich verspannenden Atemkörper mit noch weiterer Spannung kontrollieren zu wollen, ist absurd. Ich reguliere ihn durch gekonnte Entspannung, indem ich den Bauch Schicht für Schicht […]