Die innere Alchemie hinter dem Yogaprozess. David Frawley über die vedischen Prinzipien des Soma und des ihm verwandten Agni-Prinzips.
Ein ungewohnter Blickwinkel, der die Chance birgt, die eigene spirituelle Praxis aus einer neuen Perspektive wachsen zu sehen. Das vedische Ritual erreicht seinen Höhepunkt im Soma-Opfer, in dem speziell zubereitete Pflanzensäfte als Göttertrank in das heilige Feuer geopfert werden. Aber dieses uralte Ritual reflektiert ein tieferes inneres Ritual oder eine Alchemie der Bewusstheit, die seine wahre Bedeutung sind. Indem man diesen Prozess erforscht, wird man viele Geheimnisse der Yogapraxis entdecken, darunter den Pfad der Selbstbefragung oder des Jnana Yoga.
Soma ist zu aller erst Teil eines großen universellen Symbolismus. Soma durchzieht die äußeren Welten wie Wasser in seinen verschiedenen Formen auf der Erde und in der Luft, als Pflanzensaft, Lebenssäfte der Tiere, Mond und sogar als Gewässer (Vibrationsfeld) des Weltraums. Soma existiert in uns als psychologisches Prinzip des Gefühls, der Liebe und der Inspiration inklusive unserer Kreativität, die wir in diversen Formen manifestieren.
Dennoch ist Soma darüber hinaus auch ein spirituelles Prinzip, ein Aspekt des Unendlichen und ein Schlüssel zur Unsterblichkeit. Im Zustand der Meditation geben Gehirn und Geist eine bestimmte Art von Soma oder Nektar des Friedens und der Zufriedenheit ab, die diesen spirituellen Soma widerspiegelt. Letztendlich ist Soma die Glückseligkeit aller Existenz (Ananda), durch die das Universum erschaffen wird und in die es zurückkehren muss. Es ist dieser Soma oder dieser Ananda, welcher die prima materia oder ultimative Substanz hinter der ganzen Welt ist.
Soma und Agni: Glückseligkeit und Bewusstsein
Um Soma richtig zu verstehen, muss man zuerst Agni richtig begreifen, das Feuer, Licht oder Energieprinzip, bei dem es sich um seinen Gegenpart handelt. In der vedischen Denkweise stehen die Zwillingsprinzipien Agni und Soma auf allen Ebenen hinter jeglichen Vorgängen im Universum. Auf einer äußeren Ebene beziehen sie sich auf die großen Elemente Feuer und Wasser, aber ihr innerer Symbolgehalt geht viel tiefer. Solch eine Zweifachteilung der Realität nimmt vielerlei Formen an, wie beispielsweise Purusha und Prakrti, Vishnu und Lakshmi und Shiva und Shakti. Lord Shiva, die höchste Gottheit, gilt übrigens als Agni-Somatmakam („dessen Wesen in Agni und Soma besteht“), also sowohl Agni als auch Soma als Natur habend. Seine rechte Seite ist von Natur aus Agni — […]