Bernd Kolb hat mit „ATMAN IST BRAHMAN“ eine Ausstellung erschaffen, die mit großen Worten wirbt. Das ware Selbst finden, sich mit der inneren Essenz verbinden, die Mystik der alten Veden, des chinesischen Tao und der jawanesischen Schriften erfahren. Es scheint etwas zu weit hergeholt zu sein, sich selbst in aller Tiefe in den Bildern eines Deutschen, die er auf seinen Asienreisen aufgenommen hat, wieder zu finden.
Und doch hat Bernd Kolb es geschafft mit seiner Vision etwas Raum zu geben, das die Mystik, Tiefe und Stille der großen Seele in uns aufleben lässt. In fünf-und-vierzig Minuten.
Die Malzfabrik in Schöneberg ist ein großer Industriekomplex, der weder nach Spiritualität ausschaut noch nach Innenschau. Hier finden neben Hochzeiten auch erotische Festivals statt, wie diese Woche, wo wir die Ausstellung besuchen. Eine interessante Mischung an Lebendigkeit.
Denn darum geht es in der Essenz auch Bernd Kolb. Wenn er von der Entdeckung der Atman, der individuellen Seele, spricht und der Verbindung mit Brahman, dem großen Göttlichen, geht es darum wieder eine Lebendigkeit und innere Freude zu finden, die vielen Menschen heutzutage fehlt. In einer Welt, wo jeder immer mehr will, braucht und verlangt, ist vielen das Gefühl für sich selbst abhanden gekommen. All das Suchen im Außen weist oft auf eine innere Leere und Taubheit hin, die die wenigsten zu füllen wissen. Beziehungsweise verlernt haben nicht zu füllen, sondern einfach nur zu fühlen, in Stille, im All-Einsein, in Kontemplation.
Und hier holt uns Bernd Kolb mit seiner Ausstellung ab, im Fühlen, in der Stille, in der Kontemplation. Die Begehung, die nur zu jeder vollen Stunde stattfindet, wird schweigend von einem Ausstellungsleiter geführt. Vor jedem Bild bleiben wir ca. drei, manchmal vielleicht auch fünf Minuten stehen.
Der erste Raum ist schwarz, dunkel wie eine Höhle. Die Bilder leuchten überdimensional groß und nehmen einen ganz ein. Jedes Bild schickt schweigend eine Nachricht an die Tiefen des Sein. Was ist Freude? Freude bist Du, Freude ist Sexualität, Freude ist zusammen sein mit anderen Frauen, Freude ist Kind zu sein, Freude ist Meditation, Freude ist Lachen, Freude ist das tägliche Ritual, Freude ist Stille.
Freude ist zu sich selbst zu finden. Wie in der Ausstellung von Bernd Kolb, wenn die Worte auf einmal versiegen und die Stille sich im Inneren ausweitet. Im letzten Aufenthaltsraum, umgeben von Dschungelbildern von Kolb’s Retreat-Haus in Java und dem Sound von Natur, eröffnet sich eine innere Ruhe und tiefe Zufriedenheit, die an „weniger ist mehr“ erinnert.
Stille, All-Einsein, Kontemplation.
Es ist schwer danach wieder zu Worten zurück zu finden. Die Stille ist so tief und einnehmend, ein Gefühl, das ich nur von langen Meditationen in einer Höhle in Indien kenne. Ja, Bernd Kolb hat es geschafft, etwas Ungreifbares durch seine Ausstellung als Erlebnis zu vermitteln, das den Zugang zu unserer mysteriösen Innenwelt der Seele öffnet.
Ein Kunstwerk der Mystik und Spiritualität inmitten von Berlin, das in der modernen Zeit der Schnelllebigkeit eine spürbare Entschleunigung und Nach-Innen-Schau bewirkt. In nur fünfundvierzig Minuten.
Der Ausstellung gingen bereits zwei Einzelausstellungen voraus. 2015 veröffentlichte Bernd Kolb den ersten Teil seines fotopoetischen Werks “ATMAN”. 2016 konzipierte er die gleichnamige Ausstellung dazu. Wir haben Bernd Kolb damals zum Gespräch getroffen. Das ganze Interview kannst du hier nachlesen. |
„ATMAN IST BRAHMAN“ ist noch bis zum 30. September in der Berliner Malzfabrik zu sehen.
Tickets gibt’s hier: www.atmanistbrahman.de/tickets
Alle Infos zur Ausstellung gibt es hier: www.atmanistbrahman.de