Wie Medikamente auf Gehirn und Gesundheit einwirken – und warum Meditation eine empfehlenswerte Alternative ist
Der Wunsch, sich „zu verbessern“ und die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern, ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Welche Aspekte seiner selbst ein Mensch verbessern möchte und welche Wege er dazu wählt, hängt im Wesentlichen von seinen Lebensbedingungen und seinem Umfeld ab.
Langstreckenläufe und Sitzmarathon
Für die Inkas zum Beispiel war die Fähigkeit zum ausdauernden Laufen besonders wichtig. Einer Legende nach sollen sie die 1750 km lange Strecke von ihrer Hauptstadt Cuzco nach Quito in Ecuador in fünf Tagen bewältigt haben. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass dies keine historische Wahrheit ist, sagt die Legende viel über die Lebensgewohnheiten der Inkas aus. Sie liefen viel, sie liefen schnell, und sie liefen unterstützt durch die Wirkung von Coca-Blättern, die ihre Höchstleistungen erst ermöglichten.
Unsere heutige Gesellschaft benötigt hingegen keine bewegungshungrigen Langstreckenläufer, sondern eher Menschen, die lange stillsitzen und konzentriert auf einen Computerbildschirm starren können. Wer diese Fähigkeit nicht im gesellschaftlich erforderlichen Maße mitbringt, erhält unter Umständen die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). In etwa einem Drittel der Fälle wird der so etikettierte Patient, sei er nun fünf oder 35 Jahre alt, mit Ritalin versorgt. Dessen Wirkstoff Methylphenidat reguliert die Freisetzung des Hormons und Neurotransmitters Dopamin im Gehirn. Die Folge: erhöhte Aufmerksamkeit.
Neuro-Enhancement
Ob Methylphenidat auch bei Gesunden eine Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit in Form von Aufmerksamkeit bewirken kann, ist umstritten. Zwar schätzen sich Probanden nach Ritalinvergabe subjektiv als fähiger ein, die gemessenen kognitiven Leistungen verbessern sich hingegen nicht. Dennoch gibt es seit einigen Jahren einen gewissen Hype um Medikamente dieser Art. Laut einer Online-Umfrage des Wissenschaftsmagazins „Nature“ unter 1400 Wissenschaftlern hatten 2008 immerhin 20 Prozent der Befragten schon einmal ohne medizinischen Grund zu Medikamenten gegriffen, um Konzentration, Aufmerksamkeit und Erinnerungsvermögen zu pushen. Noch im gleichen Jahr sprachen sich in eben diesem renommierten Wissenschaftsmagazin sieben Neurowissenschaftler explizit für mehr Aufgeschlossenheit gegenüber Neuro-Enhancement, also der kognitiven Leistungssteigerung durch Medikamente, aus und setzten damit eine recht wilde öffentliche Debatte in Gang. Ende 2009 veröffentlichte auch ein deutsches Expertenteam in der Zeitschrift „Gehirn & Geist“ ein Memorandum zum Neuro-Enhancement, das bemüht war, die Chancen und Risiken dieser Praxis möglichst unideologisch zu beleuchten. Ziel dieser Veröffentlichung war ausdrücklich nicht eine endgültige […]